Warum wir Vorbilder brauchen
Wenn wir eine neue Haltung und neues Verhalten lernen wollen, dann brauchen wir unbedingt Vorbilder. Das Lernen vom Vorbild ist unsere natürlichste Art zu lernen. Gerade Kleinkinder sind perfekte Nachahmer ihrer Eltern und lernen so in ihre jeweilige Kultur zu wachsen. Auch wenn es um neue Beziehungskultur auf Augenhöhe geht, hilft es uns, andere Menschen zu erleben, die nicht die gewohnten und leider jahrhundertelang geprägten autoritären Beziehungsmuster leben. So bekommen wir Inspiration und innere Bilder, wie wir uns in bestimmten Situationen anders verhalten könnten und wenn wir innerlich reif dafür sind, werden wir ein am Vorbild erlebtes Verhalten auch irgendwann selbst umsetzen können.
Warum Serien heilsam sein können
Obwohl Spielfilme und Serien fiktiv und gestellt sind, können Sie uns dennoch neues Verhalten näher bringen und ich nutze sie gerne zur Veranschaulichung von realen Beziehungsdynamiken. Natürlich nur, wenn ich persönlich davon überzeugt bin, dass die Serie ein gutes Abbild realer Beziehungen bietet. Manchmal hilft das Fantasy Genre dabei Themen zu verdichten oder anschaulicher zu machen.
Vorteile von Serien gegenüber Spielfilmen
Anders als Spielfilme lassen Serien Dich ja mehr Zeit mit den Filmhelden und Filmheldinnen verbringen. Du tauchst für 10 bis 30 Stunden in ein Universum ein und erlebst die Gefühle und Entwicklungen der Menschen mit. Das scheint mir vom Rhythmus eher unserer emotionalen Aufnahmefähigkeit zu entsprechen als ein zweitstündiger Spielfilm, den wir an einem Abend sehen. Hier bist Du einige Tage oder Wochen mit den Emotionen Deiner Filmhelden verbunden und setzt Dich damit auch länger Gefühlen aus, die Du im Alltag vielleicht meidest.
Nicht alle Filme oder Serien, die hier im Onlinekurs vorgestellt werden, empfehle ich vollständig zu schauen!
Im Onlinekurs interessiert manchmal nur eine bestimmte Szene. Wenn Du wissen willst, welche Filme und Serien ich als Ganzes empfehle, dann findest Du dazu ganz unten auf dieser Seite Empfehlungen und einen Artikel in meinem Blog auf beziehungskompetent.de.
Warum heilen Serien Dein Herz?
Heilsame Wirkung heißt für mich, dass etwas eine stärkende und verändernde Wirkung auf uns hat. Alles, was uns als Person mehr unser volles Potential leben lässt, wirkt auf uns gesundend. Wenn wir uns umfassender und authentischer ausdrücken können als vorher, empfinden wir das nicht als befriedigend, sondern es wird uns tatsächlich glücklicher machen. Wenn wir alle unsere Gefühle akzeptieren und zulassen können und immer weniger von uns unterdrücken oder verstecken, dann führt das zu höherer Lebensqualität. Wenn wir Impulse und Gedanken in uns besser verstehen und sein lassen können, egal wie sie gerade gesellschaftlich von außen bewertet werden, bringt uns das mehr innere Ruhe und Gelassenheit. Das bedeutet nicht automatisch, dass wir im Außen weniger Konflikte haben und uns weniger Leid begegnet, aber unsere Fähigkeit, damit konstruktiv umzugehen verändert sich.
Unsere Spiegelneuronen im Gehirn ermöglichen uns das Gefühl von Bindung. Das bezieht sich nicht nur auf reale Personen, sondern wir können auch zu Filmfiguren eine Bindung aufbauen. Das Anheften und Verschmelzen mit einzelnen Figuren einer Serie kann deshalb einen heilsamen Effekt auf Dein Leben haben. Das passiert nicht automatisch, sondern wenn Dich die Geschichte und einzelne Figuren emotional berühren und insbesondere dann, wenn Du in einer längeren Serie mit der Filmfigur Emotionen erlebst, die Du im Alltag vielleicht meiden oder abkürzen würdest.
Wir erleben durch das Anteilnehmen und „Mitleben“ in der Serie Gefühle ganzheitlicher und vollständiger, was zu einer Neuinterpretation unseren realen Lebens führen kann. Falls Du längere Serien schaust, achte besonders darauf, ob es Phasen gibt, wo Du das Verhalten der Filmhelden nicht so gut aushältst. Wo Du Dich innerlich windest, weil sie Dir z.B. „zu schwach“ oder „zu hart“ usw. erscheinen. In meiner Familie war es z.B. immer gefährlich Fehler zu machen und ich reagiere immer mit Unbehagen und Fremdschämen auf Filmszenen, in denen die Filmhelden „fehlerhaft“ sind. Das kann ich einerseits noch immer schlecht aushalten und andererseits kann ich es hier ungefährlich vom Sofa aus üben, Fehler zuzulassen. Denn das sind die Momente, wo Deine blinden Flecken berührt werden und genau dann kannst Du Gefühle neu erleben, die Du bisher vermieden hast.
Ähnliche Effekte wurden in therapeutischen Sitzungen beobachtet, in denen Psychodelika genutzt wurden. Eine Patientin beschreibt: „Mit (der Substanz) war es so, als würde ich in meine Vergangenheit zurückgehen und sie erneut mit verschiedenen Gefühlen und Interpretationen ausprobieren, fast so, also würde ich sie ein weiteres Mal leben. Im Moment denke ich, dass mir das erlaubt hat, mit bestimmten Dingen in meinem Kopf Frieden zu schließen, und das ist schon sehr viel.“ (Gregor Hasler: Higher Self, S. 79)
Kriterien für hochwertige Beziehungs-Serien
Damit Serien diese heilsamen Effekte ausüben können, müssen sie meiner Meinung nach bestimmten Kriterien genügen, die ich wie folgt definieren würde:
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Die Charaktere sollten authentisch verdichtet sein und ihr Handeln sollte realistische Beziehungsdynamiken spiegeln.
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Die Charaktere entwickeln sich im Film persönlich stetig weiter, sie verändern sich aufgrund ihrer Erfahrungen. Es findet inneres Wachstum und Potenzialentfaltung durch die Filmgeschichte statt. Deswegen empfehle ich auch keine endlos-Serien, sondern Serien, die eine in sich abgeschlosse Geschichte bieten, die ein Anfang und Ende hat.
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Durchgängige und konsequent angewandte Werte wie Wahrhaftigkeit und Integrität, Selbst-Verantwortung, Authentizität und Gleichwürdigkeit.
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Die Serie sollte Geschichten des Gelingens anbieten. Mein Motto „Miteinander mehr erreichen“ wird hier fiktiv, aber realistisch vorgelebt. Das Weltbild von Vertrauen und Kooperation zieht sich durch Filmgeschichte: Immer wird gezeigt, wie wir durch Vertrauen auf Wahrhaftigkeit und Kooperation weiter im Leben kommen als durch Ellbogenmentalität. Ein Happy End allein ist für mich übrigens noch keine Geschichte des Gelingens, denn wenn sich reale Schwierigkeiten plötzlich durch Wunder oder Superkräfte auflösen, dann gibt mir das wenig Inspiration für das echte Leben. Wenn das Happy End allerdings darauf beruht, dass die Filmhelden neue und erweiterte Kompetenzen erworben haben, dann hat das Beispielcharakter für unser echtes Leben.
Oft geht es bei diesen heilsamen Serien um die ganz „großen Gefühle“, allem voran die ganz große Liebe. Wie man sie findet, wie man sich zeigt, in welche Konflikte man gerät, wie man mit altem und neuem Schmerz umgeht und wie man über sich hinauswachsen kann.
In einigen koreanischen Serien werden meiner Meinung nach hervorragend die Prinzipien von Beziehungsfähigkeit und persönlicher Entwicklung dargestellt. Aufgrund der koreanischen Kultur kommt dabei oft die Körperlichkeit etwas zu kurz. Die körperliche Enthaltsamkeit ist eine kulturelle Besonderheit, die ich nicht so propagieren würde. Dennoch sind die Prinzipen von Beziehung so gut dargestellt, dass ich persönlich mit dieser Unausgewogenheit leben kann.
Muss sich immer alles um Liebe drehen?
Wenn Du Missbrauch bzw. toxische Beziehungen unter dem Deckmantel der Liebe oder angeblich romantischer Gefühle erlebt hast, dann reagierst Du vielleicht eher mit Skepsis oder Ablehnung auf solche Filme. Und das ist dann absolut berechtigt. Es ist leider eine Tatsache, dass es zum Beispiel viel häusliche Gewalt gibt, sich die Opfer aber nicht trennen, weil der Täter sie ja „liebe“ und andersherum auch. Da wird die angebliche „Liebe“, zum Zweck, zum Aufrechterhalten destruktiver Beziehungen benutzt. Um diesen Mißbrauch der Liebe geht es in den hier vorgestellten Serien nicht, sondern um die Liebe, die heilsam auf uns wirkt.
Bein einigen Serien steht die romantische Liebe nicht im Mittelpunkt, z.B. bei den Serien Navillera oder Prison Playbook.