Entwürdigend – was SchülerInnen alltäglich über sich ergehen lassen müssen

Anschreien, Meckern, Bloßstellen, Häme, Unterstellungen, Witze auf Kosten eines Schülers und die anderen Schüler lachen – all das geschieht täglich in deutschen Klassenzimmern! Und zwar nicht durch Mobbing der Kinder untereinander, sondern durch Lehrkräfte, die ihren Unterricht mit diesen Methoden „bereichern“ und die das eigentlich auch ganz normal finden.  
Vielleicht weil es Ihnen anders unmöglich erscheint Ruhe herzustellen oder ein Arbeitsklima zu schaffen. Oder zum angeblich Besten des Schülers nach dem Motto: „Den muss man mal etwas zurechtstutzen, damit noch was aus ihm wird.“  Ich rede hier nicht von den Lehrkräften, die gelegentlich aus der Haut fahren oder meckern und sich danach angemessen für ihr Verhalten entschuldigen können – ich rede hier von denen, die sich generell ein respektvolles Unterrichtsklima gar nicht vorstellen können bzw. scheinbar noch nie erlebt haben. 
Ein Schüler aus der vierten Klasse fragte mich letztens: Ist dieses Verhalten nicht verboten? Dürfen LehrerInnen so fiese Dinge überhaupt machen? Kann die Schule die nicht einfach hinauswerfen?
Deshalb habe ich mich schlau gemacht und einen Blick in das Brandenburgische Schulgesetz geworfen und da steht tätsächlich:
 
Auszug aus dem Brandenburgischen Schulgesetz: 
Abschnitt 4, Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen
§ 63 Grundsätze
 
(1) Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen dienen der Sicherung des gesetzlichen Auftrages der Schule und dem Schutz von Personen und Sachen. Sie beziehen sich angemessen und unmittelbar auf das Fehlverhalten einer Schülerin oder eines Schülers in der Schule. Erziehungsmaßnahmen richten sich vor allem an die Einsicht der Schülerinnen und Schüler und gehen in der Regel Ordnungsmaßnahmen vor. Die körperliche Züchtigung sowie andere entwürdigende Maßnahmen sind verboten.“
„Andere entwürdigende Maßnahmen“ ist natürlich recht offen formuliert und verbale Gewalt ist sehr viel schwerer zu fassen als körperliche Gewalt. Mein einfachster Lehrsatz lautet für Kinder: „Wenn ihr miteinander lacht, dann fühlt es sich für ALLE gut an. Wenn ihr über ein Kind lacht, dann ist das für das eine Kind schrecklich und die anderen Kinder lachen zwar, haben aber auch Angst, dass sie es sie mal genauso treffen könnte – das fühlt sich nicht wirklich gut tief drinnen an. Das könnt ihr selbst ganz einfach im Bauch überprüfen.“
Es gibt LehrerInnen, die durch ihr respektloses Verhalten  gegenüber SchülerInnen täglich das Schulgesetz mit Füßen treten und dennoch sind es die SchülerInnen, die meistens am kürzeren Hebel sitzen. Sie brauchen mutige Eltern, die nicht locker lassen. Die sich nicht abspeisen lassen von Sätzen: „Das ist mir so herausgerutscht, kommt nicht wieder vor“, wenn es doch offensichtlich ist, dass das Verhalten systematisch auftritt. Eltern, die ihrem Kind mehr trauen als der Stimme eines Erwachsenen. Eltern, die sehen können, dass ihr Kind vielleicht dieses oder jenes gemacht hat und dennoch fordern können, dass ihr Kind IMMER eine respektvolle Behandlung verdient, keine Beleidigungen, Unterstellungen oder Entwürdigungen. Eltern, die trotz aller Wut auf so eine Lehrkraft noch einen Dialog führen können – kein Kinderspiel kann ich aus eigener Erfahrung und der Begleitung vieler Eltern sagen.
Und ich wünsche mir so viel mehr LehrerInnen, die ihren ehrlichen SchülerInnen dankbar sind für deren Rückmeldungen, wann sie als Lehrer anstrengend oder verletzend sind. Was für ein Geschenk und Impuls, die eigenen blinden Flecken zu erforschen (die ja alle Menschen haben). Jede ersteinmal unangenehme Rückmeldung ist eine großartige Einladung sein eigene fachpersönliche Weiterentwicklung als pädagogische Fachkraft in Gang zu halten, Supervision in Anspruch zu nehmen und zu wachsen.